Evangelisches Dekanat Ingelheim-Oppenheim

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          Andacht

          Gedanken zum 4. Advent: Das Fest des offenen Himmels

          gettyimages, vovan13Kind blickt in HimmelSchauen wir auf das, was möglich ist.

          Die Auswirkungen der Corona-Krise können Gefühle von Ohnmacht und Wut erzeugen. Diese Emotionen kannte auch der Texter Friedrich Spee und hat sie in dem Advents-Lied "O Heiland reiß die Himmel auf" ausgedrückt. Pfarrer Stephan Krebs zeigt in seiner Andacht, wie das Lied zu einem einen Anfang für neue Möglichkeiten anregt.

          Stimmungen und Gefühle schwanken stark, wenn man in einer schwierigen Lage ist. Ein solches Wirrwarr der Gefühle enthält das Adventslied „O Heiland reiß die Himmel auf“. Seine erste Strophe lautet so:

          O Heiland reiß die Himmel auf,
          herab, herab vom Himmel lauf.
          Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
          reiß ab wo Schloss und Riegel für.

          Sie können es sich zusingen lassen – und vielleicht mitsingen. Das tut gut – gerade in diesen Zeiten. Die Optik wird Ihnen in dem Youtube-Film irgendwie bekannt vorkommen.

          „O Heiland reiß die Himmel auf“ Eine sanfte Melodie mildert diese Worte ab. So bleibt fast unbemerkt, was für ein aggressiver, trotziger und fordernder Gebetsruf die erste Strophe in Wahrheit ist: „Heiland, reiß den Himmel auf!“. Hinter dieser Forderung steht ein Bild: Zwischen Himmel und Erde hängt so etwas wie ein Vorhang. Den soll der Heiland zerreißen und so den Weg zwischen Himmel und Erde freimachen. Vielleicht ist es sogar ein eiserner Vorhang. Denn der Text steigert sein Bild noch mal. Er spricht von einem verschlossenen und verriegelten Tor. Davor steht jemand, rüttelt daran und verlangt, dass diese Tür geöffnet wird. Weg mit Schloss und Riegel! Es ist wie der Ruf eines zornigen Montagsdemonstranten, der es einfach satt hat, eingeengt zu leben. Schluss mit der leidenden Geduld. Endlich Freiheit! Endlich raus! Es kann auch der Zorn eines Menschen sein, der zuhause angebunden ist, weil er einen Angehörigen pflegt, Tag für Tag, und nicht weg kann. Und nicht mehr kann. Oder die Wut derer, die im Lock-Down vereinsamen oder verarmen. Oder der Zorn eines Menschen mit einem Schlaganfall. Die Krankheit lähmt. Vieles geht einfach nicht mehr Man möchte aus seiner Haut fahren, aber auch das gelingt nicht. Oder die Verzweiflung einer alleinstehenden Mutter, die keine passende Arbeit findet, aber mit Hartz IV nicht auskommen kann.

          Viele kennen dieses Gefühl von Ohnmacht und Wut, das in dem Lied steckt. Und es tut ihnen gut, wenn sie jemanden haben, den sie packen und mit dem sie herumstreiten können. Und sei es Gott, den sie anschreien können: „Reiß das Schloss und den Riegel von meinem Gefängnis, reiß mir den Himmel auf!“ Das ist immer noch besser, als niemandem zu haben.

          Wer in einer solchen Lage ist, weiß auch, wie schnell die Stimmung umschlagen kann. Plötzlich gewinnt der Jammer die Oberhand. So geschieht es auch in dem Lied. In der vierten Strophe kippt der forsche Tonfall hin zu einer geradezu schluchzenden Bitte:

          Wo bleibst du Trost der ganzen Welt
          Darauf sie all ihr Hoffnung stellt
          O komm, ach komm vom höchsten Saal.
          Komm, tröst uns hier im Jammertal.

          Auch hinter dieser Strophe steht ein Bild vom Leben: Die Erde ist ein Jammertal, darüber schwebt irgendwo im Himmel die Wohnung Gottes, eine Art königlicher Festsaal. In diesem Bild steckt das Gesellschaftsbild des Mittelalters. Das Volk lebt in kleinen Hütten und hat zu schuften. Die Fürsten wohnen in schmucken Palästen und haben zu herrschen. Diese Realität hat damals auch das Gottesbild geprägt: Gott thront herrschaftlich im Himmel, die Menschen mühen sich kläglich auf Erden.

          Doch dagegen lehnt sich das Lied auf. So soll es nicht bleiben. Die Verhältnisse sollen sich ändern. Das Lied bettelt geradezu darum, dass Gott den Menschen ein Stück entgegen kommt: „O komm, ach komm vom höchsten Saal. Komm, tröst uns hier im Jammertal.“ Bitte lass uns nicht warten. Wir erwarten dich so sehnlich. Das ist die Gemütslage der Adventszeit: Gott Erwarten.

          Gott hat darauf reagiert und den Himmel geöffnet. In Jesus Christus ist Gott als Kind zur Welt gekommen. Als Mensch unter Menschen. Das geschah am Ortsrand von Bethlehem in einem Stall. Um das neugeborene Jesuskind herum mischten sich irdische Hirten und himmlische Engel zu einer Gemeinschaft des Himmels und der Erde. Sie haben den Anfang gemacht. Dieses Fest des offenen Himmels wird alljährlich gefeiert und erneuert. In diesem Jahr ist das besonders mühsam. Aber es wird stattfinden. Weil nicht Menschen den Himmel geöffnet haben, sondern Gott. Deshalb findet Weihnachten statt, wenn auch anders als sonst. Bleiben wir also nicht stehen im Jammer um alles, was (noch) nicht (mehr) geht. Sondern schauen wir auf das, was möglich ist. Dahinter steht Gottes geöffneter Himmel – das ist unsere Verheißung.

          Da wollen wir all danken dir,
          Unserm Erlöser, für und für;
          Da wollen wir all loben dich
          Zu aller Zeit und ewiglich.

          [Oberkirchenrat Pfarrer Stephan Krebs]

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