„Die Willkommenskultur war uns wichtig“

© Hilke Wiegers

Nach über 20 Jahren verlassen Pfarrer Fleckenstein und seine Frau Tine Peisker-Fleckenstein die Versöhnungskirche Ingelheim

(06.03.2025) „In diesen Tagen sind wir hin- und hergerissen – in großer Dankbarkeit für das, was war, und in der Trauer darüber, dass unsere Zeit hier zu Ende geht.“ meint Peter Fleckenstein, noch bis Ende März 2025 Pfarrer der evangelischen Versöhnungskirchengemeinde Ingelheim. Besucht man den Theologen im Pfarrhaus neben dem Gemeindezentrum, so ist nicht zu übersehen, dass Peter Fleckenstein zusammen mit seiner Frau, Tine Peisker-Fleckenstein, schon einige Kisten für den Umzug in die neue Heimat Wittenberg gepackt haben. Regale und Schränke stehen teilweise leer – einige der Bücher des Pfarrers in hebräischer Sprache fanden dankenswerterweise Aufnahme in der Bibliothek der jüdischen Gemeinde Mainz. Auch die „evangelischen Hühner“, erzählt er schmunzelnd, die noch vor wenigen Wochen im Pfarrgarten untergebracht waren, sind nun zu einem jungen Gemeindeglied umgezogen.

Der bevorstehende Ruhestand ist gut vorbereitet, dennoch spürt man beim Ehepaar Peisker-Fleckenstein das eng geknüpfte Band zu „ihrer“ Versöhnungskirchengemeinde. Seit 2003 war Pfarrer Fleckenstein hier Seelsorger. Für ihn war Pfarrersein mehr als ein Beruf – es war Berufung, und er genoss den kreativen Freiraum, den die Kirche ihren PfarrerInnen bot. Fleckenstein legt großen Wert darauf, dass die Versöhnungskirche eine einladende Kirchengemeinde ist und hier „Willkommen“ großgeschrieben wird. Er freut sich, das mit dem gemeindlichen Kindergarten ein Zugang zur jüngeren Generation möglich war.  Zusammen mit dem Kirchenvorstand setzte sich das Ehepaar für Flüchtlinge ein. Während seines Studiums verbrachte Fleckenstein ein Jahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem, was sein theologisches Arbeiten besonders geprägt hat. Aber auch weitere Auslandsreisen, etwa nach Indien und Indonesien zu ökumenischen Partnern der EKHN, gaben ihm wichtige Impulse für die Gemeindearbeit.

Seine Frau Tine, ebenfalls Theologin, stand ihrem Mann bei vielen Gemeindeaufgaben zur Seite, nicht nur, was das Gemeindebüro oder den Gemeindebrief betraf, sondern auch, wenn es um den Gemeindeaufbau ging – das Knüpfen von Beziehungen vor Ort. „Gemeinde ist für mich auch mein Hobby“, erklärt Tine Peisker-Fleckenstein, „und ich möchte es nicht anders gelebt haben.“ Und erlebt haben die Eltern von drei mittlerweile erwachsenen Kindern im Laufe der Zeit viel in und mit ihrer Gemeinde.  Zahlreiche Gruppenfahrten nach Israel, Irland, Polen und zuletzt Rumänien haben sie angeboten. Aber auch an intensive Bibelgesprächsabende, Posaunenchorproben und Theateraufführungen, Weltgebetstage oder Familiengottesdienste mit dem Kindergarten erinnern sie sich gerne. Unvergesslich auch der „Blick über den Tellerrand“: gemeinsame Kochabende zum Kennenlernen anderer Kulturen. „Willkommenskultur war uns wichtig“, erinnert er sich. „Die Menschen sollten sich angesprochen fühlen und sich mit ihrem Glauben einbringen können“. Deutlich hat das Ehepaar noch seinen ersten Besuch 2003 in Ingelheim vor Augen. Damals öffnete ihnen der Kirchenvorstandsvorsitzende, Hubertus Röhrig, die Tür des Gemeindebüros, auf der der Aufkleber „Einladende Kirche“ zu sehen war. Wie passend.

Mittlerweile sind mehr als 20 Jahre vergangenen. Damals war das Ehepaar Peisker-Fleckenstein gerade von einem mehrjährigen Aufenthalt als ökumenische Mitarbeiter beim Evangelischen Missionswerk in Ghana nach Deutschland zurückgekommen. Sie waren noch stark beeindruckt von der großen Verbundenheit der Menschen in den westafrikanischen Gemeinden. Heute sind sie stolz, dass sie miterleben konnten, wie auch die Versöhnungskirche auf den verschiedensten Ebenen eine starke und lebendige Gemeinschaft geworden ist. Pfarrer Fleckenstein ist sich sicher, dass „seine“ Gemeinde auch in der kommenden Vakanz, in der sie von Pfarrerin Jessica Grünenwald begleitet werden wird, gut zurechtkommen wird. „Das Pfarrbild ändert sich gerade unter den neuen Rahmenbedingungen, die wir haben. Da wird was anderes kommen müssen, und es wird vielleicht eine Generation brauchen, bis sich alles wieder eingespielt hat“, blickt Peter Fleckenstein in die Zukunft. Für das Ehepaar ist nun die Zeit des Abschieds gekommen. Am 23. März (10:30 Uhr) geschieht dies offiziell: mit einem festlichen Gottesdienst wird die Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land, Pfarrerin Henriette Crüwell, Pfarrer Peter Fleckenstein in der Ingelheimer Versöhnungskirche von seinem aktiven Dienst entpflichten