„Mein Herz schlägt für die Landgemeinden“, mit diesen wenigen Worten erklärt Anja Krollmann mit dem für sie so typischen verschmitzten Lächeln, warum es sie in ihrer mittlerweile mehr als 20-jährigen Berufslaufbahn als Pfarrerin noch nie in eine größere Stadt gezogen hat. Nach ihrem Vikariat in Mainz-Marienborn, das sie selbst eher als dörflich empfand, trat sie ihre erste Pfarrstelle im Kettenheimer Grund an. Dort war sie für die Kirchengemeinden Kettenheim, Esselborn, Freimersheim und Wahlheim zuständig, zog in ein historisches Pfarrhaus, schlug Wurzeln und blieb.
Nach 21 Jahren enger Verbundenheit beginnt für sie zum 1.12.2025 mit dem Wechsel vom Dekanat Alzey-Wöllstein in das Dekanat Ingelheim-Oppenheim ein neuer Lebensabschnitt. Mit der Kirchengemeinde Undenheim-Friesenheim und ab dem 1.2.2026 auch der Kirchengemeinde Selzen-Hahnheim-Köngernheim arbeitet sie weiterhin als Seelsorgerin im ländlichen Raum, zieht aber nach Oppenheim. Dort ist ihr Mann Eric Bohn seit 2023 als Pfarrer tätig.
Nachdem die Eheleute 12 Jahre lang getrennt in Pfarrhäusern gelebt haben – jeder nahe bei den Menschen der ihnen anvertrauten Kirchengemeinden –, wagen sie nun ein gemeinsames Wohnen und Arbeiten als Kollege und Kollegin im selben Nachbarschaftsraum des Dekanats. „Das wird spannend und herausfordernd zugleich“, erzählt Anja Krollmann, „Es ist eine neue Art der Begegnung, der wir froh und neugierig entgegensehen.“
Während es im Oppenheimer Pfarrhaus noch so einige Kisten auszupacken gilt, hat sich die Collie-Mischlingshündin Phoebe der Pfarrerin schon recht gut eingelebt. Freundlich, aber aufmerksam, wacht sie still vor der Pfarrhaustür. Mit ihr unternimmt die Theologin gerne Spaziergänge. Schon in ihren „alten“ Kirchengemeinden genoss Anja Krollmann es, auf diese Weise ihre Gemeindemitglieder kennen zu lernen, Gespräche am Gartenzaun zu führen oder auf dem Feld Menschen bei der Arbeit anzutreffen.
Aufgewachsen ist Anja Krollmann in Ober-Ingelheim. Ihr Vater war Maschinenschlosser und Nebenerwerbslandwirt. „Meine Sommerferien habe ich sozusagen auf dem Kirschenfeld verbracht“, erinnert sie sich. Als Schülerin der Binger Hildegardisschule war sie beeindruckt vom Auftreten der damaligen Schulleiterin Schwester Angela. „Sie trat als Frau selbstbewusst auf und sprach oft vor vielen Menschen – das wurde mir zum Vorbild.“ Später habe sie erfahren, dass es Frauen im Pfarramt durchaus schwerer haben können als ihre männlichen Kollegen. „So habe ich im Beruf gelernt, meine Frau zu stehen.“
Als Jugendliche begeisterte sie der Konfirmationsunterricht bei dem Ingelheimer Pfarrer Dr. Ernst Fellechner. Sie engagierte sich im Kindergottesdienst, absolvierte bereits als Schülerin ein Schnupperpraktikum in ihrer Kirchengemeinde und fand in ihrem Kindergottesdienst-Team und auf zahlreichen Fahrten nach Taizé viele Freunde. „Da war das Theologiestudium so gut wie vorgezeichnet“, erinnert sie sich.
Nach dem Theologiestudium in Mainz, Heidelberg und Marburg und dem anschließenden Vikariat in Mainz-Marienborn sammelte sie während des Spezialvikariats erste Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit der EKHN. „Ich war unter anderem im Organisationsteam des Hessentags und betreute beispielsweise die Musikgruppe Die Höhner backstage“, erzählt sie. Noch während ihres Pfarrvikariats im Kettenheimer Grund erhielt sie das Angebot, dauerhaft ins Öffentlichkeitsarbeitsteam der EKHN zu wechseln. Das Angebot war verlockend, doch sie entschied sich bewusst dagegen. „Ich wollte mehr Gemeindeerfahrung sammeln.“
Diese Entscheidung hat sie nie bereut: „Als erste weibliche Pfarrperson im Kettenheimer Grund hat man mich mit offenen Armen empfangen. Hier habe ich die Vielseitigkeit des Pfarrberufs lieben gelernt und schätze es nun sehr, die Menschen von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten.“ Mit großem Einfühlungsvermögen nimmt sie schnell die Stimmung ihres Gegenübers wahr. Eine ideale Voraussetzung für die Seelsorge, die auch weiterhin zu ihren Aufgaben gehören wird. Dennoch wird sich zukünftig an ihrem Berufsbild als Pfarrerin einiges ändern. Zusammen mit den Kirchengemeinden, Weinolsheim, Dolgesheim, Uelversheim, Eimsheim, Guntersblum, Dienheim mit Ludwigshöhe und Oppenheim bilden Selzen-Hahnheim-Köngernheim und Undenheim-Friesenheim schon jetzt einen gemeinsamen Nachbarschaftsraum im Dekanat. Pfarrerin Krollmann ist hier Teil eines Verkündigungsteams bestehend aus vier Pfarrpersonen, einem Gemeindepädagogen und einer Kirchenmusikerin, die gemeinsam im Nachbarschaftsraum die Verkündigung sichern und die Ressourcen bündeln sollen. Jede Pfarrperson übernimmt übergeordnete Aufgaben wie z. B. die Arbeit mit Senioren ebenso wie einen Seelsorgebezirk. Der von Anja Krollmann umfasst die Gemeinden Undenheim-Friesenheim und Selzen-Hahnheim-Köngernheim.
Angesichts dieser tiefgreifenden Veränderungen, die der Reformprozess ekhn2030 in der Evangelischen Landeskirche Hessen und Nassau mit sich bringt, bleibt Anja Krollmann optimistisch „Wir sind gerufen, mit diesen Veränderungen konstruktiv umzugehen zum Wohl der Menschen in unseren Gemeinden und im Nachbarschaftsraum. Auch hierbei möchte ich unterstützen.“ Anja Krollmann weiß, wovon sie redet. Zehn Jahre lang war sie Mitglied im Dekanatssynodalvorstand des Dekanats Alzey-Wöllstein und arbeitete in einem Arbeitskreis intensiv an den anstehenden Veränderungen und deren Auswirkungen, insbesondere auf kleinere Gemeinden. Umso zuversichtlicher blickt sie nun auf ihre neue Aufgabe im Dekanat Ingelheim-Oppenheim: „Wir werden diese neue Situation gemeinsam gestalten und meistern.“