Mein Herz ist voll Freude über den HERRN. Der HERR hat mich wieder stark gemacht.

Dekan Olliver Zobel über die Hoffnung, die wir auch in diesem Jahr wieder an Ostern feiern. Eine Hoffnung, die selbst vor dem Tod nicht verstummen muss. Eine Hoffnung, die tröstet und die das scheinbar Unmögliche doch manches Mal möglich macht.

Liebe Geschwister, "Mein Herz ist voll Freude über den Herrn. Der HERR hat mich wieder stark gemacht", so jubelt Hanna – sie jubelt über das Leben, das Leben ihres Kindes, das sie geboren hat, obwohl es für sie eigentlich keine Hoffnung mehr auf ein Kind gab. Neun Verse jubelt sie, lobt und preist Gott, der ihr das scheinbar Unmögliche doch noch geschenkt hat. Hanna ist eine beeindruckende Frau. Sie findet nicht nur kraftvolle Worte, sondern auch den richtigen Adressaten. Wenige Verse vorher war sie nämlich noch verzweifelt, aber sie frisst diesen Zweifel nicht in sich hinein, sondern wendet sich mit deutlichen Worten an Gott. Sie wird dafür anfangs sogar noch von einem Priester kritisiert. Doch als dieser erkennt, dass sie Gott ihren ganzen Frust, ihre ganze Traurigkeit klagt, ändert sich sein Ton: „Geh in Frieden“, segnet er sie, denn er weiß, dass unsere Klagen Gottes Ohr erreichen und nicht ungehört verhallen werden. Für Hanna bedeutet dies, dass sie doch noch Mutter wird. Und ihr Sohn wird einer der ersten großen Propheten: Samuel. Für mich gab es bisher nur wenige Situationen, in denen ich mein Klagen mit einer konkreten Lebensveränderung, gar einem Wunder in Verbindung bringen kann, das ich nur auf Gott zurückführe. Und doch habe ich beides im Leben erlebt: Wie befreiend das Klagen ist, wenn ich es an Gott adressiere und damit auch ein Stück meine Sorgen, meine Traurigkeit ablade. Und dann gibt es manche Wendung in meinem Leben, die ich nicht oder nicht mehr erwartet hätte. Beides bestärkt mich in der Grundhaltung, hoffnungsvoll nach vorne zu schauen. Es ist einfach viel mehr möglich, als ich mir gerade vorstellen kann. Ich muss mit meiner Hoffnungslosigkeit nicht allein bleiben, sondern kann sie vor den bringen, der der Grund meiner Hoffnung ist: vor Gott – meinem Schöpfer, meinem Erlöser und Erhalter. Und genau das feiern wir auch in diesem Jahr wieder an Ostern: die Hoffnung, die selbst vor dem Tod nicht verstummen muss. Denn: Der Herr ist auferstanden – Halleluja; ER ist wahrhaftig auferstanden – Halleluja. Genau diese Hoffnung brauche ich in einer Gegenwart, in der man den Eindruck hat, dass seit Corona so vieles einfach nur immer schlimmer wird und alles so hoffnungslos ist. Krieg in Europa – ich dachte noch vor einigen Jahren, das hätten wir endgültig hinter uns gelassen; Antisemitismus und Rechtsradikalismus – ich dachte, wir hätten aus dem sog. Dritten Reich mit seinen Gräueltaten etwas gelernt… Und trotzdem halte ich daran fest, dass wir einmal in einer Welt leben werden, in der sie Schwerter zu Pflugscharen schmieden – auch wenn wir gerade unsere Rüstungsausgaben steigern müssen. Ich halte daran fest – mit Worten von Martin Luther King: „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilen wird.“ Und das tue ich eben nicht, weil ich ein hoffnungsloser Optimist bin, sondern weil wir einen Gott der Hoffnung haben, den wir auch in diesem Jahr an Ostern feiern werden. Bleiben Sie wohlbehütet Dekan Olliver Zobel